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Pfingstsingen in Allerbüttel

Pfingstsingen in Allerbüttel  —  seit mehreren Generationen

Von Stefanie Hoffmann (Kürzel: efa)

Wenn es am Pfingstsonntag in Allerbüttel an der Haustür klingelt, dann haben die „Ureinwohner“ des Dorfes Süßigkeiten, ein paar Taler oder auch die traditionellen Eier als Gabe meist schon parat. Überraschtes Lauschen dagegen gibt es bei den Bewohnern der Neubaugebiete: Die Tür ist gerade auf, da fängt der Trupp Jungs, der sich da auf den Stufen versammelt hat, auch schon an, sein plattdeutsches Pfingstlied zu schmettern:
„Guden, guden Tach, Tach, Tach, gebet uhse Lawescke was, gebt se wat, so hat se wat, lot se gohn, lot se stohn, lot se nich zu lange stohn. Got se auffem Wiem! Sniet se lange Striem! Ein Ei, zwei Ei, dritte vierte Pingesei. Pingesei is ock nen Ei, mooket alle Nester rei!“
Abschließend schallt es noch „Kikeriki!“ von der Strasse zum verdutzten Neu - Allerbüttler hoch, denn da sitzt in einem Handwagen (früher auch durchaus festeingebaut) der „Pfingsthahn“, in diesem Jahr Mike Schneider, unter einer geschmückten jungen Birke, dem Maibaum. Diese Apparatur stellt die im Lied besungene „Laweschke“ dar. Für irgendwelche erklärenden Fragen bleibt keine Zeit, denn sofort strecken die ausschließlich Allerbüttler´schen Kinder („Calberlacken dürfen nicht mitmachen“) dem verdutzt Dreinblickendem die „Sammelbuchse“ entgegen. Beim Anblick der Konservendose mit Schlitz weiß dann auch der Unaufgeklärte, was jetzt von ihm erwartet wird. Und fühlt sich dann auch schon halbwegs eingeweiht in alte Allerbüttler Traditionen, wenn es eine Weile später erneut an der Türe schellt.

Dieses Mal erwartet ihn da nicht eine wild zusammenstehende Gruppe von Jungen: Die „Pfingstbraut“ steht auf der Schwelle. In diesem Jahr ist dies die Siebtklässlerin Cindy Niessen, angetan mit einem weißen Sommerkleid ihrer Mutter und einem Schleier auf dem Kopf. Wenn sich die Tür für die Mädchen öffnet, beginnt erst mal die „Aufstellung!“
Die Erst- bis Achtklässlerinnen („mit der Konfirmation ist Schluss“) die jeweils in Zweierformation und nach Alter geordnet der Pfingstbraut folgen (die Jüngsten tragen den Schleier, die Ältesten hinten das Geld, dazwischen kommen die Mädchen mit den Körben für Eier und Süßigkeiten), stieben auseinander. Flugs stehen sie im Spalier auf der Treppe oder dem Gartenweg und dann fangen sie an zu singen. Nicht selbstgedichtetes Plattdeutsch, sondern wie es scheint, ein Kirchenlied, erklingt nun vor der geöffneten Türe: Wir wollten vor den Himmel geh´n, und wollten so schöne singen. //:Wir singen den Namen Herrn Jesu Christ, mit einer hellen Stimme. //:
Und als wir vor den Himmel kam´, da fragten sie wer da wäre //: Hier ist die hübsche Jungferfein, bringt unserem Herrn die Ehre .://
Auf Wunsch oder für besonders beliebte Allerbüttler singen die Mädchen dann auch noch die dritte und vierte Strophe des Liedes, und zu den Worten „Herrn Jesu Christ“ wird geknickst. Ach, hübsche schöne Jungferfein, der liebe Gott lässt Sie fragen, //: ob Sie den Namen Herrn Jesu Christ in Ihrem Herzen tragen. //:
Sie trägt´ s in ihrem Herzen fein, gar wohl in ihrem Sinne. //:Gegrüßt als hübsche Jungferfein, gegrüßt als Königinne.//:

Bemerkenswert ist, dass diese beiden Lieder schon seit Jahrzehnten mündlich überliefert werden. Bei den „Proben“, die von den Kindern selbst organisiert alljährlich kurz vor Pfingsten anfangen, lernen die Jüngeren den Text von den Älteren. (So auch die Verfasserin dieses Artikels.) Wann genau das Pfingstsingen in Allerbüttel einst seinen Anfang nahm, ist nicht mehr mit Sicherheit feststellbar. Magdalene Hoffmann (73) erinnert sich: „Als ich klein war, habe ich schon gefiebert, dass ich endlich in die Schule komm´ und mitgehen darf.“ 1937 war es dann endlich soweit: Die Einschulung machte die kleine Magdalena zur Pfingstsängerin. Und 1945 wurde die Achtklässlerin dann zur Pfingstbraut gewählt. „Auch in Kriegszeiten sind wir immer los gegangen.“ sagt sie heute rückblickend. „Die Eier haben wir nachher bei der Eierabgabestelle verkauft für ein paar Groschen. Oder wir haben sie noch unterwegs weiterverkauft, an die Leute ohne eigene Hühner.“ Letztere Frage: „Wollen Sie Eier kaufen?“ wird auch heute noch an der Haustür gestellt.

Was sich aber in all den Jahren auf jeden Fall geändert hat, ist die Einwohnerzahl des Dorfes. „50 Häuser waren das zu meiner Zeit.“ sagt Magdalena Hoffmann. Als dann ihre beiden Söhne in den 50er und 60er Jahren zu Pfingsten „loszogen“, da gab es nicht mehr Haushalte, „aber mehr Leute, weil jeder Flüchtlinge aufnehmen musste“, erinnert sie sich.
Ab den 70er Jahren ist das Dorf dann sichtbar immer größer geworden: „Wie es dann mit VW bergauf ging, haben immer mehr Leute in Allerbüttel gesiedelt.“ so Magdalena Hoffmann. Das bedeutete zunehmende Arbeit für die Pfingstsänger. Speziell in den 90ern gab es einen „Bauboom“ in Allerbüttel und drei Neubaugebiete kamen hinzu: Am Schulland, Haagematten, und Am Maatengraben. Der Pfingstspass geriet immer mehr zur Schwerstarbeit, derzeit gehören rund 350 Haushalte zu Allerbüttel. Frühmorgens geht nun das Pfingstsingen los und dauert bis zum späten Abend. Glücklicherweise hat es sich ebenfalls in den 90ern eingebürgert, dass es mittags Spaghetti Bolognese bei der Mutter der Pfingstbraut und des Pfingsthahns gibt. Da können die Pfingstsänger wieder neue Kräfte sammeln.

Heute tut es Magdalena Hoffmann leid, dass sie damals nicht ihre Mutter gefragt hat, wann genau das Pfingsingen in Allerbüttel seinen Anfang nahm. „Das kam mir damals nicht in den Kopf.“ Dafür gehört sie jedoch zu denjenigen, die das für Leute von heute ominös klingende plattdütsche Jungenlied in seinem Sinngehalt versteht: „Goat se uppen Wiem“ – da lacht Magdalena Hoffmann, denn der „Wiem“ war früher der Hühnerstall, der z.B. über dem Kuhstall lag: „Goat se uppen Wiem würde dann heissen, das jemand die Hühnerleiter hochkraxeln solle!“ erklärt sie. Das ist dann offensichtlich lustiger Unsinn, aber es reimt sich auf „Sniet se lange Striem.“ – „ Streifen von Zuckerkuchen“ sind damit gemeint, weiss Magdalena Hoffmann. Es sein nämlich in ihrer Kindheit Brauch gewesen, an Feiertagen wie Weihnachten oder Pfingsten große Blechkuchen zu backen. Mit einer Kiepe angesetztem Hefeteig sei man damals losgezogen zum Bäcker Knigge nach Calberlah, zum Kuchen backen. Im Sommer mit dem Handwagen, im Winter mit dem Schlitten. Die Jungen besangen also was sie wünschten: Kuchen und (Pfingst)eier.

Eines aber ist ganz sicher: „So einen Pfingstbrauch wie bei uns hat es im Nachbardorf Calberlah nie gegeben, und in Isenbüttel auch nicht!“ bestätigt Magdalena Hoffmann. Gebhard Mohrmann (70), der aus Fallersleben stammt, kann sich jedoch entsinnen, dass er als „lütten Knebel“ an Pfingsten ebenfalls losgezogen sei, mit einem ähnlichen plattdeutschen Lied auf den Lippen. Dieser Fallerslebener Brauch habe jedoch noch „vor dem Kriege“ aufgehört. Im Allerbüttler Fall können wir jedoch feststellen, dass seit über 70 Jahren schon an Pfingsten vor der Haustür gesungen wird.
Und seitdem im Nachbardorf Calberlah an Pfingsten das traditionelle Schützenfest stattfindet, wird das hart ersungene Geld dort auch gleich wieder von so manchem Kind auf den Kopf gehauen.

Mit freundlicher Unterstützung von Stefanie Hoffmann
Autor: Stefanie Hoffmann
Copyright: © by Stefanie Hoffmann
gepostet von Stefanie Hoffmann am:
Date: 09 Juni 2003 21 :00 GMT
an: info@feiertagsseiten.de

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